Rezensionen


Rezensionen


Hans Heinz Holz in TOPOS, Nr. 32, Neapel 2009, S. 168 f.:


„[...] Solange aus dem Gemeinschaftsleben der Menschen gewachsene Gewohnheiten die Rechtsordnung bestimmen, ist [der] Vergleich mit der Natur zulässig. Die Ethnologie hat Familien- und Stammesstrukturen erforscht, die vor jeder Rechtsetzung, aber mit gleicher bindender Erzwingungskraft funktionieren. Hier gesellschaftliche Mechanismen und nicht nur mythologische Ideologeme am Werk gesehen zu haben, war das Verdienst von Claude Lévi-Strauss. Die Beziehungen seiner Feldforschungen und ihrer theoretischen Auswertung zum historischen Materialismus hat Marcus Dick überzeugend dargestellt. Als Ergebnis seiner Untersuchungen könnte man sagen, daß Lévi-Strauss für eine marxistische Ethnologie und damit Geschichtstheorie von Frühbedingungen menschlicher Gesellschaft eine ähnliche Rolle spielen könnte, wie sie Morgan für Engels besaß, als er Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats schrieb. [...] Die Ergebnisse seiner Studien an frühgesellschaftlichen Lebensformen können wesentlich dazu beitragen, den Marxismus, der doch hauptsächlich an der Analyse industrieller kapitalistischer Verhältnisse orientiert ist, in seiner geschichtlichen Tiefenperspektive zu erweitern. [...] Den Spuren von Lévi-Strauss’ folgend, hat Marcus Dick versucht, die philosophisch-weltanschauliche und die methodologische Grundlage herauszuschälen, die die gesellschaftstheoretische Verallgemeinerungsfähigkeit der Forschungen von Lévi-Strauss ausmacht. Daß er dabei immer wieder auf Marx stößt, liegt in der Natur der Sache. Der These, es sei ein Desiderat, in dieser Nachfolge eine strukturale Ethnologie-Anthropologie zu integrieren, möchte ich zustimmen, zumal Marcus Dick sich genau von anderen strukturalistischen oder gar post-strukturalistischen Ansätzen, z. B. von Derrida, abgrenzt und auch auf Widersprüchlichkeiten bei Lévi-Strauss selbst aufmerksam macht.“


Rainer Unruh in Auskunft. Zeitschrift für Bibliothek, Archiv und Information, Nr. 32/2, Nordhausen 2012, S. 391 f.:


„Von Lenin stammt die griffige Formel Kommunismus = Sowjetmacht + Elekrifizierung. Wollte man die Braunschweiger Dissertation von Marcus Dick ähnlich prägnant zusammenfassen, böte sich sich als Gleichung an: Strukturalimus = Hegel + Marx + de Saussure. Bei der Lektüre der geisteswissenschaftlich weit ausgreifenden Studie drängt sich gelegentlich der Eindruck auf, dass für den Verfasser Hegel und Marx die philosophisch wesentlich bedeutenderen Denker seien. Jedenfalls verteidigt er energisch eine prozessual begriffene und sich im Laufe der Geschichte entfaltende Vernunft sowohl gegen Adornos und Horkheimers Kritik in der Dialektik der Aufklärung als auch gegen die Vorbehalte von Lévi-Strauss gegenüber dem abendländischen Denken, dessen [...] Wirkung auf die indigenen Völker der französische Forscher speziell in Traurige Tropen eindrucksvoll beschreibt. Mit besonderem Gewinn liest man die Passagen, in denen Marcus Dick die philosophische Position von Lévi-Strauss in Abgrenzung von Sartre einerseits und von Derrida andererseits herausarbeitet. Dagegen unterschätzt der Autor die Probleme, vor denen realistische Erkenntnistheorien wie der Dialektische Materialismus stehen. [...] Trotz dieser Einwände ist die Studie lehrreich und anregend, auch wenn der verschmockte Stil [!] den einen oder anderen Leser abschrecken dürfte.“



Share by: